Zweckentfremdung und Verschwendung öffentlicher Gelder bei der Volkshochschule Heidelberg

Offener Brief an die Mitglieder des Gemeinderats der Stadt Heidelberg, des Landtages und des Landesrechnungshofes von Baden-Württemberg


Sehr geehrte Damen und Herren,

ich (Johann Lauer) war 12 Jahre lang Dozent an der Volkshochschule (vhs) Heidelberg , darunter zwei als Dozentenvertreter und zwei als Mitglied des Vorstandes. Die vhs wird von der öffentlichen Hand seit Jahren mit Millionen Beträgen subventioniert, Stadt Heidelberg (2003 mit 1.087.654,5 €) und Land Baden-Württemberg (2003 mit 182.391,63 €), weiterhin übernimmt das Land die Personalkosten für Abteilungsleiter, die im Rahmen eines Lehrerprogramms an die vhs delegiert wurden. Daher möchte ich Sie über den meiner Meinung nach verantwortungslosen Umgang mit öffentlichen Geldern informieren und Sie auf andere Unregelmäßigkeiten hinweisen und zwar konkret über folgendes:
  1. Öffentliche Gelder für Volksbildung werden für Besserverdienende zweckentfremdet;
  2. Verantwortungsloser Umgang mit Geldern innerhalb der HAG und Gefährdung der Gemeinnützigkeit der vhs durch willkürliche Bezahlung und unlauteren Wettbewerb;
  3. Ungleichbehandlung, willkürliche Entlohnung, Feudale Klassenstruktur innerhalb der Beschäftigten. Inverse Solidarität: Dozenten als bilanztechnische Verfügungsmasse;
  4. Fehlende Transparenz durch bewusste Verschleierung, Vertuschen, Verschweigen und Verbreitung von falschen, zweideutigen oder allgemeinen Informationen;
  5. Verschwendung durch miserables Betriebsklima und andauernde juristische Auseinandersetzungen.

1. Öffentliche Gelder für Volksbildung werden für Besserverdienende zweckentfremdet;

Der Anteil der in relativer Armut lebenden Menschen ist 2003 auf 15,3 %, ca. 18 Millionen Menschen gestiegen. In Deutschland gibt es Millionen funktionaler Analphabeten, die meisten Schätzungen sprechen von 0,75 - 3,00 % manche nennen bis zu vier Millionen Menschen ca. 5 % (vgl. http://www.alphabetisierung.de/hintergrund.html siehe: Döbert,Marion / Peter Hubertus: Ihr Kreuz ist die Schrift. Analphabetismus und Alphabetisierung in Deutschland. Herausgegeben vom Bundesverband Alphabetisierung e.V. Münster / Stuttgart 2000 / 2. Auflage 2001).

Angesichts dieser Zahlen ist Volksbildung sicherlich nötiger denn je, weil nur mit Bildung kann Chancengleichheit hergestellt und soziale Grenzen überwunden werden.

Bildungspolitik in Deutschland überwindet aber nicht, sondern zementiert die soziale Segregation in der Gesellschaft. Dies weiß man seit PISA. Das gilt auch in der Weiterbildung.

Für Volksbildung in der Weiterbildung sind eigentlich vor allem die Volkshochschulen (vhs) zuständig, da vor allem sie öffentliche Gelder dafür erhalten. Wie man nun am Beispiel der vhs Heidelberg zeigen kann, fördert Bildungspolitik die soziale Segregation geradezu. Für die dort Verantwortlichen ist es interessanter Angebote für Besserverdienende anzubieten.

Im Herbst 1995 wurde die Heidelberger Akademie für Gesundheitsbildung (HAG, Internet: http://www.hag-hd.de) gegründet. Zwar gab und gibt es einen Fachbereich "Gesundheit und Wellness" an der vhs, diese ist für´s einfache Volk, die Besserverdienende (z.B. Ärzte) wollte oder konnte man nicht unter dem Namen "Volkshochschule" erreichen.

Gegen Innovationen ist natürlich nichts einzuwenden, es fragt sich nur inwieweit das Unternehmensrisiko von der vhs getragen werden muss und Gelder, die für Volksbildung vorgesehen sind, für Ärzteweiterbildung zweckentfremdet werden.
Fragwürdig ist weiterhin die einzigartige Stellung der HAG "innerhalb" der vhs. Sie ist kein Fachbereich der vhs wie etwa Kunst oder Wellness, sondern de facto ein eigenständiges Unternehmen, das die von der Stadt Heidelberg und Land Baden-Württemberg subventionierten Ressourcen (Mitarbeiter, Räume etc.) der vhs nutzt.

Die HAG ist seit ihrem Bestehen auf diese öffentlichen Gelder angewiesen. Erst wenn man fiktiv öffentliche Gelder, die für die Förderung der vhs vorgesehen sind, der HAG zurechnet, konnte man in einigen Jahren Gewinne bei der HAG ausweisen. 2003 wurde bei der HAG sogar ein Verlust von 81.784,24 € erwirtschaftet, sofern man öffentliche Gelder hinzurechnet, sind es "nur" 26.033,95 €. Die HAG konnte und kann nur durch öffentliche Gelder am Leben erhalten werden.

Der hervorragende Ruf der Institution „Volkshochschule“ wird missbraucht um de luxe Seminare (Getränke und Buffet inklusive) und Ärzte-Kongresse bzw. –Weiterbildung zu finanzieren. Damit werden öffentliche Gelder bewusst zweckentfremdet. Gegen Kurse, die zukunftsfähige Themen wie z.B. „Ganzheitliche Atem- und Leibtherapie“, „TOUCH FOR HEALTH“ behandeln, ist ja nichts einzuwenden. Aber müssen diese aus dem Topf, der für die vhs und damit die Breitenbildung vorgesehen ist, finanziert werden? Seit wann gehören Ärzte zu den finanziell benachteiligten Berufsgruppen?

Öffentliche Gelder, die für die Volksbildung vorgesehen sind, werden an Besserverdienende weitergeleitet.  Da spielt es keine Rolle, dass diese Gelder unter dem Motto "Volksbildung nötiger denn je ..." rekrutiert werden (vgl. L. Nipp-Stolzenburg/H.-M. Mumm/R. Riese: "Volksbildung nötiger denn je ...". 50 Jahre Volkshochschule Heidelberg- Beiträge zu ihrer Entwicklung und zur Geschichte ihrer Vorläufer. Heidelberg 1996). 

2. Verantwortungsloser Umgang mit Geldern innerhalb der HAG und Gefährdung der Gemeinnützigkeit der vhs durch willkürliche Bezahlung und unlauteren Wettbewerb

Einige Personen werden durch eine unverhältnismäßig hohe Vergütung bzw. durch Beraterverträge begünstigt, obwohl dies die Satzung der vhs verbietet. Dazu gehört die unverhältnismäßig hohe und leistungsunabhängige Bezahlung des Leiters, Dr. Wolfgang Knörzer, der HAG. Dabei hat er großzügig Beraterverträge für Arbeiten vergeben, die eigentlich in seinen Aufgabenbereich fallen, d.h. wofür er selber bezahlt wird z.B.: „Unterstützung der Lehrkräfte, Beratung der Teilnehmer/-innen,· Kontaktpflege zu Kooperationspartnern und Sponsoren, Organisation und Controlling (Teilnehmercontrolling und Finanzcontrolling) des Seminarangebotes, Vorbereitung von Werbematerialien und Pressenotizen, Seminarevaluation etc.".

Weiterhin wurde nach Angabe des Leiters der HAG der Internet-Auftritt von einem Freund für einen Freundschaftspreis erstellt. Die vielen EDV-Dozenten, die bei der vhs für ein Appel und Ei seit Jahren Kurse anbieten, wurde nicht einmal die Chance eingeräumt, ein Angebot abzugeben.
Weiterhin wurde ein Vertrag abgeschlossen, der eine freiberufliche Projektleiterin begünstigte. Ihr wurde ein Minimum von 18.000 € oder 15 % der Einnahmen garantiert, auch wenn die Veranstaltung nicht stattgefunden hätte. Frau Birgit Byrd-Bommes, die langjährige Vorsitzende des Vorstandes, hat nichts gegen solche Beraterverträge auszusetzen, einzig die Position "Beraterverträge" in der Bilanz fand sie nicht angebracht und suchte vergeblich nach einem anderen Begriff.

Jeder der über 640 Dozenten der vhs bekommt nur Geld, wenn der Kurs stattfindet, ansonsten bekommt er kein Geld und muss selber alle Vorbereitungen aus eigener Tasche bezahlen. Eine Marktbezogene Honorierung also.  In der HAG ist dieses Prinzip für den Leiter, die Projektleiter und die Berater anscheinend nicht bekannt. Inwieweit auch andere Personen innerhalb der HAG oder vhs so begünstigt wurden, kann nur, wenn überhaupt, von einer unabhängigen Prüfungskommission festgestellt werden.
Die meisten Teilnehmer und damit Profiteure von billigen Kursen der vhs kommen aus folgenden "sozialen Brennpunkten": Neuenheim, Altstadt, Weststadt und Bergheim (für ortsunkundige: dies sind die "besseren" bürgerlichen Stadtteile).  Viele Teilnehmer z.B. der EDV-Kurse  müssen ihre Kurse oft gar nicht selber bezahlen, da der Arbeitgeber die Kurse bezahlt, es sind oft Mitarbeiter aus leistungsfähigen Betrieben u.a. auch SAP. Die wirklich Bedürftigen kommen kaum in Kurse, dies gilt auch für andere Abteilungen. Man muss da nur die Titel der Veranstaltungen lesen, dann sieht man, dass diese kaum für Sozialhilfeempfänger oder Arbeitslose gedacht sind.

Eine Niederlassung, Stadtteil-vhs, unterhält die vhs in Ziegelhausen (für ortsunkundige: dies ist der Stadtteil in dem die Anzahl der Millionäre die der Hartz IV-Betroffenen leicht übersteigen dürfte).  Der Auftrag der vhs wird wohl verfehlt , wenn in Ziegelhausen eine Filiale eröffnet wird, aber nicht im Süden Heidelbergs, der ja auch wegen der hohen Einwohnerzahl (Boxberg, Emmertsgrund, Kirchheim, Rohrbach, für ortsunkundige: im Süden liegen in Heidelberg die sozialen Brennpunkte) eine Volksbildungsstätte verdient.

Ein privates (Weiterbildungs-)Unternehmen kann sicherlich nur nach finanziellen Kriterien entscheiden. Wenn die vhs aber nur Kurse für Besserverdienende anbietet und ganze Stadtteile und Bevölkerungskreise, für die sie ja eigentlich zuständig ist, sträflich vernachlässigt, dann verstößt sie gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (GUW), da selbständige Dozenten oder private Weiterbildungsinstitutionen mit einer subventionierten Institution nicht mithalten können und daher benachteiligt werden. Die Leiterin der vhs und die  zuständigen Gremien kennen diesen Zusammenhang.

3. Ungleichbehandlung, willkürliche Entlohnung, Feudale Klassenstruktur innerhalb der Beschäftigten. Inverse Solidarität: Dozenten als bilanztechnische Verfügungsmasse

Seit Jahren werden im Abendgymnasium, Abendrealschule und HAG Verluste eingefahren. Im Abendgymnasium und in der Abendrealschule verfügen die Mitarbeiter über eine sehr gute BAT-Alimentierung. In der HAG gibt es BAT-Alimentierung, gutdotierte Beraterverträge, Honorare für Dozenten der HAG, die bis zu fünfmal höher sind wie in der vhs, zwischen 30 und über 100 € je Unterrichtseinheit bei der HAG, dabei entscheidet der Leiter der HAG willkürlich, wem er wie viel gibt. Bei der vhs beträgt das Dozentenhonorar zwischen 19 und 24 €, jede Abteilung hat ein einheitliches Honorar. 

Die festen vhs-Mitarbeiter genießen eine leistungsUNabhängige BAT-Alimentierung. Die über 640 vhs-Dozenten werden Markt bezogen honoriert und tragen darüber hinaus das unternehmerische Risiko.
Einer materiellen Ausbeutung der freiberuflichen Dozenten (Entlohnung unter Sozialhilfeniveau vgl. http://www.sozialpolitik.org ) durch eine Marktbezogene Honorierung auf der einen Seite steht eine BAT-Alimentierung, d.h. leistungs- und marktUNabhängige Entlohnung für die Geschäftsleistung, Verwaltung sowie eine willkürliche Entlohnung der HAG-Dozenten, und hohe Beratungshonorare auf der anderen Seite gegenüber.

Abendrealschule und Abendgymnasium sowie HAG fahren seit Jahren Defizite ein, die voll auf Kosten der Dozenten der vhs gehen. Die Schwachen tragen die Starken (inverse Solidarität). Die Dozenten bilden die finanztechnische Verfügungsmasse der vhs. Zuerst müssen alle anderen bedient werden, dann erst kommen die Dozenten, die die eigentliche Leistung, für welche die vhs steht, erbringen.

Anfang 2003 hat verdi für das Jahr 2003 einer Lohnerhöhung von 2,4 % sowie jeweils 1 % für die zwei folgenden Jahre durchgesetzt. Von dieser Erhöhung profitierten auch die Geschäftsleitung und die Abteilungsleitung. Die Dozenten verdienen das 3 bis 5fache weniger (vgl. oben). Trotzdem hat die Direktorin und die Mehrheit der Abteilungsleiter vorgeschlagen, die Honorare der Dozenten nicht zu erhöhen und haben ca. 5 Seiten an Begründung geliefert.

Das Experiment mit Wärtern und Gefangenen hat gezeigt, dass Strukturen auch Verhaltensweisen bedingen. Hier zeigen sich die gleichen Auswirkungen, Solidarität geht in feudalen Klassenstrukturen schnell verloren. Fairerweise muss gesagt werden, dass nicht alle Abteilungsleiter sich so asozial verhielten: Die beiden Mitglieder des Betriebsrates und der EDV-Abteilungsleiter haben sich enthalten. Letzterer hat wahrscheinlich gerade deswegen die Quittung bekommen: Kündigung (vgl. oben). Ich habe diese Verhaltensweisen in der Mitgliederversammlung von 2002 kritisiert. Falls nun jemand meint, die Beteiligten hätten sich für dieses Verhalten entschuldigt, der irrt. Nein, diese Personen haben sich beschwert, dass ich solch ein asoziales Verhalten gerügt hatte.

4. Fehlende Transparenz durch bewusste Verschleierung, Vertuschen, Verschweigen und Verbreitung von falschen, zweideutigen oder allgemeinen Informationen

Vorstand und Beirat wurden wissentlich und vorsätzlich über die katastrophale wirtschaftliche Situation der HAG im Unklaren gelassen. Bei der letzten gemeinsamen Sitzung des Beirats und des Vorstandes im Herbst 2003 hat der Leiter der HAG, Dr. Knörzer, über eine Stunde Werbung für die HAG gemacht, über die wirtschaftlichen Risiken hatte er kein einziges Wort verloren. Damals war für den Leiter der HAG und die Leiterin der vhs schon absehbar, dass die HAG trotz öffentlicher Subventionen große Verluste einfährt.

Am 8.12.2003 wurde dem Vorstand ein Haushaltsplan vorgestellt. In dieser Sitzung hat die Direktorin mit keiner einzigen Silbe das Finanzdesaster der HAG erwähnt. Damit ist der Haushaltsplan nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. Der Vorstand darf immer gnädigst über alle Nebensächlichkeiten debattieren, die wichtigen Kenzahlen werden systematisch unterschlagen oder nur dann offen gelegt, wenn sie nicht mehr verborgen werden können.

Ich durfte am 5. April 2004 zum ersten Mal Akteneinsicht in das Finanzgebaren der HAG nehmen, obwohl ich dieses schon seit fast zwei Jahren wiederholt gefordert hatte, immer gab es eine Ausrede, die dies verhinderte. Erst danach konnte ich die ganze Situation innerhalb der HAG einigermaßen übersehen und eine Sondersitzung beantragen. Der Vorstand weigerte sich eine Sondersitzung einzuberufen.
Der Beirat hat sich am 26. April 2003 geweigert auch nur über diese und andere Unregelmäßigkeiten zu diskutieren. Stattdessen durfte der Leiter der HAG nochmals für ein Seminar werben. Kritische Fragen wurden abgelehnt, schließlich musste der Vorsitzende des Beirats, Herr Traub-Martin, zu einer Geburtstagfeier.

Sehr befremdlich ist es, dass an den erwähnten Beiratssitzung die  Gemeinderatsmitglieder - Susanne Bock (GAL-Grüne), Margret Dotter (CDU  und Dr. Karin Werner-Jensen (SPD) - die die Stadt Heidelberg im Beirat vertreten, nicht einmal an den oben erwähnten Sitzungen sowie an der Mitgliederversammlung vom 11. Mai 2004 teilgenommen haben und  obwohl ich ausführlich in Anträgen, die jedes Mitglied im voraus bekommen hat, auf die verschiedenen Missstände hingewiesen habe, bis jetzt kein Interesse an weiteren Details gezeigt haben.

Nach zwei Jahren im Vorstand muss ich folgendes feststellen: Die überwältigende Mehrheit im Beirat und Vorstand wollen mit Problemen der vhs nicht weiter gestört werden. Es wird eine Vogel-Strauß-Politik betrieben. Man möchte so wenig wie möglich wissen und möglichst schnell den Sitzungsort verlassen. Änderungen sind nicht erwünscht und Mitarbeiter oder Mitglieder der vhs Organe müssen mit persönlicher Diffamierung rechnen, sofern sie sich für Änderungen einsetzen oder Missstände beseitigen wollen.
Die vhs ist ein privater organisierter Verein, es gibt ca. 130 Mitglieder, davon kommen in den jährlichen Sitzungen ca. 15 bis 30 Mitglieder. Entscheidungen werden also von einem sehr kleinen Kreis getroffen. Daher wirken sich personelle Verflechtungen und Interessengebundene Seilschaften sehr stark aus bzw. ist eine wirksame Kontrolle fast unmöglich. Der Verein hat nur ein scheindemokratisches Mäntelchen. Es gibt Grund zur Annahme, dass der Verein aufgrund zu enger personeller Verflechtung keine wirkliche Kontrolle über die Geschäftsleitung ausüben kann oder will. So ist der Ehemann der Geschäftsführerin, Frau Dr. Nipp-Stolzenburg, sowie andere Ehepartner von hauptberuflichen Mitarbeitern Mitglied im Verein. Weiterhin ist nicht auszuschließen, dass weitere Freunde und Bekannte, die an einer unübersichtlichen Situation bei der  HAG und vhs ein persönliches Interesse haben, Mitglied sind und damit einen Selbstbedienungsladen pflegen. Die  Mitgliederversammlung wiederum entlastet und wählt den Vorstand (so geschehen im Mai 2004 unter Beteiligung von Herrn Dr. Stolzenburg u.a. "vhs-Freunden").

5. Verschwendung durch miserables Betriebsklima und andauernde juristische Auseinandersetzungen

Die jetzige Struktur garantiert keine adäquate Kontrolle der Geschäftsführung, daher kann die Geschäftsleitung schalten und walten nach Gutsherrenart. Vorstand, Beirat, Mitgliederversammlung, ganz zu schweigen vom Betriebsrat und Dozentenvertretung sind machtlos. Auch festangestellte Mitarbeiter müssen mit Nachteilen, sogar mit Entlassung rechnen, sofern sie kritische Fragen oder gar der Geschäftsleitung widersprechen.

Mich hatten Mitarbeiter vertraulich darauf aufmerksam gemacht, dass Frau Dr. Nipp-Stolzenburg nach Gutsherrenart mit Mitarbeitern und Betriebsrat umgeht.
Konkret wurde mir über die unwürdige Behandlung von zwei Reinigungskräften aber auch des Leiters der EDV-Abteilung berichtet. Auch mit einer früheren Mitarbeiterin, die zu dem Zeitpunkt (Februar 2003) schon die vhs verlassen hatte, sei man so umgegangen. Diese Mitarbeiterin war etwa zehn Jahre lang in der vhs beschäftigt, bevor Ihr unerwartet gekündigt wurde. Sie wehrte sich vor Gericht und man einigte sich schließlich außergerichtlich auf eine hohe Abfindung, weil diese Kündigung vor Gericht zu scheitern drohte.

Frau Dr. Nipp-Stolzenburg hat dem EDV-Abteilungsleiter Anfang des Jahres 2003 drei Abmahnungen innerhalb von nur zwei Monaten erteilt und ein halbes Jahr später gekündigt. Der Vorstand wurde immer nur im Nachhinein informiert. Ich kannte den EDV-Leiter seit seiner Einstellung. Als EDV-Dozent und Dozentenvertreter für die EDV-Abteilung hatte ich mit ihm gut zusammengearbeitet und vermutete, dass die Anschuldigungen gegen ihn an den Haaren herbeigezogen und bloß ein Vorwand für tiefer liegende Konflikte waren. Im Vergleich etwa mit der  vhs Mannheim waren die Leistungen des EDV-Leiters hervorragend. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrungen in der EDV weiß ich um die Problematik. Hinzu kamen die oben genannten vertraulichen Hinweise und ich wusste, dass die vhs-Leiterin auch mit dem Betriebsrat immer wieder auf Kollisionskurs war (mehr dazu unten). Daher wies ich auf die Problematik der Vorwürfe hin und schlug vor, den EDV-Leiter vor rechtlich riskanten Schritten wenigstens anzuhören. Der Vorstand lehnte dies ab. Nachdem die Kündigung von Frau Dr. Nipp-Stolzenburg ausgesprochen wurde, ohne dass der Vorstand vorher informiert wurde, habe ich eine Sondersitzung einberufen, zumal der Betriebsrat in seiner Stellungsnahme der Kündigung widersprochen hatte. Der EDV-Leiter wurde trotzdem nicht angehört und die Kündigung für richtig angesehen. Auch meine Warnung, wenigstens vorsorglich finanzielle Rücklagen zu bilden, falls die in meine Augen wackelige Kündigung vor Gericht nicht bestehen würde, wurde ignoriert und die Einstellung eines neuen Mitarbeiters beschlossen.

Das Arbeitsgericht Mannheim hat nun entschieden, dass die Kündigung schon allein aus formalen Gründen unwirksam ist (weil der Arbeitnehmer vorher nicht angehört wurde, genau das hatte ich im Vorfeld gefordert) und der EDV-Leiter weiterhin beschäftigt werden muss. Damit ist der vhs für 2004 ein Schaden von zig Tausend Euro allein an Anwalts- und Gerichtskosten entstanden. Ganz zu schweigen von dem womöglich nachzuzahlenden Jahresgehalt des EDV-Leiters.

Die Geschäftsführerin, Frau Dr. Nipp-Stolzenburg, hat sich bei der Kündigung von einem Anwalt beraten lassen, weiterhin haben zwei ehrenamtliche Vorstandsmitglieder der vhs der Kündigung zugestimmt, die Juristen sind, Frau Christa Herrmann, Richterin am Sozialgericht Mannheim und Herr Stefan Andritzky, Spezialist für Sozialrecht. Statt den Schaden jetzt zu beheben, handelt man nach dem bekannten Zocker-Motto "if you lose double". Konkret: man legt Berufung ein. Die HAG-Verluste und diese Kosten könnten die vhs in den finanziellen Ruin treiben. Soweit ich die Vorgänge kenne, dürften die Mitglieder des Gemeinderats der Stadt Heidelberg, die im Beirat der vhs sind, vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Jetzt kann man diese abenteuerliche Geschäftspolitik noch stoppen!

Zu den inhaltlichen Vorwürfen in der Sache selbst kann und will ich mich nicht weiter äußern, weil das Verfahren wegen einer möglichen Berufung noch nicht abgeschlossen ist. Aber ich kritisiere an dieser Stelle ausdrücklich, daß meine Bedenken arrogant ignoriert wurden und daß trotz meiner Warnung für den Fall, den ich kommen sah, keine Rücklagen gebildet wurden. Eine Geschäftsführerin und drei Juristen waren nicht einmal in der Lage, eine formal korrekte Kündigung auszusprechen. Auch die inhaltlichen Vorwürfe dürften genau wie die formalen kaum einer gerichtlichen Prüfung Statthalten.

Kommunikation über Rechtsanwälte. Auch das Verhältnis mit dem Betriebsrat ist nicht gerade das Beste. Der Betriebsrat konnte seine Rechte oft nur durch gerichtliche Schritte und rechtliche Mittel geltend machen. Dabei werden sowohl Geschäftsleitung als auch Betriebsrat durch Rechtsanwälte beraten beziehungsweise vor Gericht vertreten.
Ein paar Zahlen allein für das Jahr 2003 sprechen eine deutliche Sprache:

  • 2662,20 Euro für "Beratung in Personal-Betriebsratsfragen und Vertretung beim Arbeitsgericht" verbucht, weitere
  • 1353,72 Euro waren für den "Rechtsanwalt des Betriebsrates" fällig sowie
  • 7800,88 Euro für "Personalfragen und Vertretung beim Arbeitsgericht" fällig.

Ich habe in vielen Vorstandssitzungen eine Mediation zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat vorgeschlagen. Dies wurde von der Direktorin stets abgelehnt. Der Vorstand bekam in den Sitzungen immer die einseitige Version der Direktorin zu hören, diese wurde fast vorbehaltlos unterstützt. Der Vorstand traf sich zwar auch mit dem Betriebsrat, allerdings weigerte sich die Direktorin, Frau Dr.Luitgard Nipp-Stolzenburg, stets, an diesen Gesprächen teilzunehmen. Auch diese arrogante und sachfremde Verhaltensweise wurde durch die überwiegende Mehrheit des Vorstandes toleriert und sogar gutgeheißen, weil angeblich die Mitglieder des Betriebsrates rationalen Argumenten nicht zugänglich seien und manches am besten von Gerichten geklärt werden sollte.

Jetzt frage ich Sie als politisch Verantwortliche, kann es sein,

  • dass für Volksbildung vorgesehene öffentliche Gelder für Besserverdienende (Ärzteweiterbildung) zweckentfremdet werden?
  • dass innerhalb der vhs und der HAG so unterschiedliche Vergütungssysteme bestehen, die eindeutig die vhs-Dozenten benachteiligen, d.h. diejenigen die eigentliche Arbeit erbringen?
  • dass mehr als 50 % der Einnahmen und Subventionen für die Verwaltung ausgegeben werden?
  • dass die vhs eine Zweigstelle in Ziegelhausen, aber keine im Emmertsgrund oder in Kirchheim unterhält?
  • dass die Gebühren für die Hauptschule höher liegen als für die Realschule oder das Abendgymnasium?
  • dass die meisten Teilnehmer nicht gerade aus den benachteiligten Stadtteilen bzw. Besserverdienende Bürger mit billigen Kursen subventioniert werden, während die Bedürftigen außen vor bleiben?
  • dass mit öffentlichen Gelder unlauterer Wettbewerb betrieben wird?
  • dass eine Richterin am Sozialgericht, Frau Christa Herrmann ist seit Jahren Mitglied im Vorstand, diese asozialen Strukturen und Unregelmäßigkeiten billigt?
  • dass die Stadt Heidelberg Gelder in dieser Höhe einem Verein sozusagen blind und ohne jede Kontrolle oder Rechenschaft überweist?
Damit ist die Liste leider nicht komplett!

Die vhs Heidelberg betrachtet gerne den 1848 gegründeten Arbeiterverein als Vorläufer und ist zu Recht stolz darauf, dass Ludwig Feuerbach 1848/49 hier öffentliche Vorlesungen gehalten hat, bei denen Handwerker und Arbeiter freien Zugang hatten. Damals ging es um Volksbildung, heute sieht es anders aus. Die Preisfrage lautet: würde Ludwig Feuerbach bei dieser "Volkshochschule" noch einen Vortrag halten?

"Difficile est satiram non scribere" (Es ist schwierig keine Satire zu schreiben), so kommentierte der römische Dichter Juvenal die soziale Situation seiner Zeit. Dies kann man auch von der Situation in der vhs sagen. Wer die Situation innerhalb der vhs beschreibt, verfasst gleichzeitig eine Anklage, manche sagen sogar Polemik.

Würde Juvenal heute nach Heidelberg kommen, er würde sich hier heimisch fühlen. Auch wenn er auf Kölsch und Cianti, die Lieblingssorten des Heidelberger-Toskana-Klüngels, verzichtet, gibt es noch viele andere Bier- und Weinsorten unter denen er frei wählen könnte und das soziale Miteinander ist ihm bestens vertraut.

 


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Quelle: www.sozialpolitik.org
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